Ich bin eine Überlebende.
Von Geburt an begann meine Geschichte, ein Überlebenskampf von Sekunde zu Sekunde, Tag für Tag, Jahr um Jahr.
Ich bin Überlebende, von Ritueller und Organisierter Gewalt, von klein auf wurde ich an Frauen und Männer verkauft, unter Drogen gesetzt und gefilmt. War von klein an auf Sex Partys und wurde umher gereicht, wie eine Flasche Tequila, von der jeder ein Schluck haben will.
Ein kleines, süßes Püppchen, das von einem Schoß auf den anderen wanderte.
Ihr kleiner Engel.
Ihre kleine Prinzessin.
Ihre Marionette.
Von klein auf war ich nichts anderes als ein Gegenstand der benutzt wurde. Weder hatte ich einen eigenen Willen, noch hatte ich das Recht meine Stimme zu erheben, ich hatte eine Stimme, doch ich wusste diese nicht zu benutzen, wie auch, wenn sie mir von Sekunde Eins genommen wurde? Und wenn ich es jemals wagte, nur ein kleines Wort zu erheben, erschütterte mein ganzer Körper, mein ganzes Herz, weil sie mir zeigten, dass ich keine Rechte habe und erst recht keine Rechte auf meinen Körper. Ich gehörte ihnen, von Anfang an war ich ihres.
Meine Stimme war verschüttet unter all dem Blut und Schmerz - unter all dem Leid und den allein geweinten Tränen in der Dunkelheit.
Ich wurde gefoltert, misshandelt, missbraucht.
Die Täter: Eine große Gruppe an Männern und Frauen - darunter: Meine eigenen Eltern.
Gewalt stand an der Tagesordnung.
Die Mutter, die mit Kochlöffeln oder anderen metallischen Gegenständen auf mich einschlägt, weil ich gerade nicht so funktioniere, wie ich zu funktionieren habe.
Eine Mutter, die mir beibrachte, worauf Männer stehen, was ich anzuziehen habe und wie ich mich bewegen soll.
Der Fokus stand immer auf Brust und Po, auch vor ihr musste ich mich erst einmal drehen, damit sie ihre Zustimmung gibt - sobald der Vater zuhause war, musste ich eine „Modenschau“ machen mit meinen neuen Klamotten - Mama fragte: Und sieht ihr Arsch nicht gut darin aus?
Papa bestätigte.
Eine Mama, die mir Dessous kaufte und ich diese auch, als ich älter wurde, in der Schule trug.
Mit acht Jahren habe ich mich schon komplett rasiert, weil ich musste. Ich musste in meinen jungen Jahren glatt sein, für all die Männer und Frauen.
Eine Mutter, die meine wunden Stellen im Intimbereich und Anus eincremte, damit die Wunden schnell verheilen, und die dabei völlig gleichgültig war.
Ein Vater, der mich an Haaren - Armen und Füßen durch das halbe Haus schliff, ich versuchte nach einem Gegenstand zu greifen, doch vergebens. Er zog mich weiter ins Kinderzimmer und warf mich aufs Bett, bevor ich blinzeln konnte, schlug der Gürtel schon auf mich ein.
Ein Vater, mit dem ich zusammen baden musste.
Ein Vater, der Hoppa-Hoppa Reiter spielte und dabei in mich eindrang.
Einmal ließ ich nur einen Teller in der Küche stehen und mein Vater kam gerade nach Hause und hatte ein paar Bier intus, der Teller flog und ich versuchte mich in mein Zimmer zu flüchten, er rannte mir hinterher und ich versuchte mit aller Kraft die Tür zuzuhalten doch er trat sie auf. Ich rannte in mein Zimmer und schon stand er vor mir und schmiss mich aufs Bett, packte mich und meinte: „Du brauchst gar nicht so schreien, dich wird niemand hören“ und schloss das Fenster, das auf Kippe stand. ich schrie nach meinem Bruder, der oben in seinem Zimmer saß, in der Hoffnung, dass er meine Hilfeschreie hört, doch vergeblich. Ich versuchte mich zu wehren, doch vergeblich, als ich mich befreit bekommen habe, rannte ich barfuß, mit nur einem Shirt und Unterhose, auf die kalten, nassen Straßen, blickte dabei zurück und sah ihn an der Straße, wie er mir zusieht, wie ich wegrenne.
Mein Bruder meinte am nächsten Tag ,,Er hätte mich nicht gehört‘‘, aber ich glaube ihm nicht, denn eine damalige Freundin von ihm und auch mir sagte zu ihm ,,Irgendwas stimmt nicht mit ihr“
und er sagte nur, dass sie sich da raushalten solle.
Sie wussten es, beide meiner Brüder, aber sie sagten nie etwas.
Sie hielten zu den Eltern, ich hatte auch ihrer Meinung nach immer Schuld und hatte es verdient.
Ich hatte keine Vertrauenspersonen. Ich war auf mich alleine gestellt.
Die Nächte waren lang, besonders als ich etwas älter wurde. Ich wurde am Abend/in der Nacht abgeholt von einem schwarzen Auto, dort stieg ich ein - ab da begann der Abend erst.
Kunde für Kunde. Whiskey - Bier – Vodka, der Alkohol mixte sich zu einem ätzenden Geruch, an dem ich das Gefühl hatte, zu ersticken. Zigarren und Zigaretten, Rauch. Drogen über Drogen.
Die perversen Wünsche stapelten sich förmlich auf mir. Doch ich habe gelernt, ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. Ihr Schweiß stapelte sich und ich hatte das Gefühl, als würde sich alles in meine Haut einbrennen.
Von klein auf wurden mein Intimbereich und Anus Stück für Stück gedehnt, damit ich, sobald ich verkauft werden kann, nicht an den Verletzungen sterbe.
Auch mein Vater verging sich an mir.
Ich wurde stundenlang, manchmal sogar Tage, nackt in einen Keller eingesperrt, denn direkt auf unserem Hof gab es einen Schuppen mit einem kleinen Keller, ganz tief im Boden, der mit einer Luke verdeckt war und wo eine Holztreppe hinunterführte.
Dort saß ich dann mehrere Stunden ganz alleine in der Dunkelheit. Dort war es kalt-feucht und nass, um mich herum war nur Beton. Die einzige Gesellschaft, die ich dort hatte, waren Spinnen und Käfer. Meine Erzeuger haben den Untergrund ein halbes Jahr vor meinem Ausstieg zugeschüttet, ich denke ihnen war das Risiko zu hoch.
Mir wurde Strom über mehrere Volt durch den Körper gejagt.
Ich hing an Ketten wie ein Tier. Das Einzige, was mein verschwommener Blick noch irgendwie wahrnehmen konnte, waren dir Bluttropfen, die zu Boden fielen und sich dort sammelten.
Ich wurde an ein Rad gebunden und wurde bis zur Bewusstlosigkeit gedreht.
Mir wurden Stecknadeln unter meine Finger und Fußnägel geschoben. Musste verschimmelte Nahrung zu mir nehmen, ebenso auch menschliche Ausscheidungen, oder Dinge aus der Bio-Tonne, wo sich Maden, Würmer und Fliegen nur so drauf versammelten, wenn ich mich übergeben musste, dann musste ich es vom Boden auflecken, bis alles drinnen geblieben ist.
Ich war ein Kind, das auffällig/unauffällig war.
Ich hatte immer blaue Flecken unter der Kleidung. Manche Menschen haben diese gesehen, wenn mein Oberteil hochrutschte, aber niemand hat etwas getan, vielleicht war ich schuld? Hätte ich nur etwas gesagt. Ich hätte so gerne geschrien, aber ich konnte nicht, ich war verstummt.
All diese Dinge sind nur ein kleiner Ausschnitt vom Ausmaß der mir erfahrenen Gewalt.
Nicht nur mir wurde unvorstellbare Gewalt angetan, nein ich wurde ebenso gezwungen, anderen Menschen von klein bis groß oder Tieren etwas anzutun.
Doch etwas, was mein Schweigen noch mehr verstärkte, war, als ich einmal etwas Mut fand und Andeutungen machte, zu mir gesagt wurde: ,,Das ich eine Lügnerin bin, mir alles ausdenke, das ich nur Aufmerksamkeit will‘‘ etc. So gab ich die Hoffnung erst recht auf und habe weiter geschwiegen und es auch nie wieder versucht. Denn die Täter sagten schon, dass mir niemand glauben wird und so war es auch.
Ich hatte einmal meine Stimme gefunden und so wurde sie mir auch wieder genommen.
Mir ist es wichtig, meine Stimme zu erheben, um mir meine Stimme wieder zu holen. Den Täter*innen die Macht zu nehmen. Das Schweigen zu brechen für all jene, die es noch nicht können!
Das Schweigen zu brechen, um all jenen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind.
Ich möchte nicht mehr schweigen, das habe ich lange genug.
Ich weiß nicht, wieso mein Umfeld nie etwas gesagt hat oder mich mal zur Seite nahm, vielleicht lag es daran, dass ich niemanden hatte, meine Eltern hatten immer ein super Ruf in der Nachbarschaft und ebenso bei anderen Menschen, die sie kannten. Niemand sah ihr wahren Gesicht. Warum sollte man also überhaupt einem Kind glauben, wenn die Eltern doch von außen so lieb wirken?
Sie waren Meister darin, Menschen zu manipulieren und mich so hinzustellen, als sei ich das Problem. Als sei ich die Verrückte.
Sie ließen mich an meinem eigenen Verstand zweifeln.
Seit zwei Jahren befinde ich mich im Ausstieg, bin nun fünfundzwanzig Jahre alt und jeder Tag ist ein Kampf. Ich bin mehrere hundert Kilometer weit weggezogen, habe jegliche Kontakte abgebrochen und auch im neuen Ort musste ich drei Mal umziehen, weil die Täter*innen mich immer wieder gefunden haben. Auch meinen jetzigen Ort wissen sie*, es scheint mir sinnlos wieder umzuziehen, da sie* mit Sicherheit auch diesen Ort herausfinden werden.
Die Täter*innen haben bis vor Kurzem gedroht, terrorisiert. Unzählige Anrufe gingen ein, egal wie oft ich meine Nummer wechselte. Sie* drohten damit mich umzubringen, bestellten mich zu Orten, wo ich erscheinen sollte, sie sagten: ,,Das ich mich umbringen soll‘‘, sie drohten damit meinen Helfern und Freunden etwas anzutun.
Sie sagten: ,,Das sie mich auf Schritt und Tritt verfolgen‘‘ und so vieles mehr. Ich habe Meere geweint und ums Überleben gekämpft. Konnte unzählige Nächte nicht schlafen, weil die Angst und die Anrufe mich wachhielten.
Und ich bin noch da.
Ich stehe hier und schreibe nun diesen Text. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mal so weit kommen werde. Ich bin in Therapie, habe ein großes Helfernetzwerk und
eine Ausstiegsbegleiterin, die mich auf den Weg begleiten, endlich ein gewaltfreies, selbstbestimmtes Leben zu führen, und auch Freunde habe ich mittlerweile. Ich habe viel erreicht,
aber es ist noch ein harter Kampf.
Ich bin froh, dass ich niemals aufgegeben habe, dass ich nun hier sitze, diese Zeilen schreibe und mir meine Stimme zurückhole.
mail@cou-rage.de
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